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Jeder Einzelne entscheidet

Vortrag von Firos Holterman ten Hove

Das Licht, das normalerweise verborgen ist, kommt in Zeiten wie die unsere zum Vorschein. Die Türen zur Himmel gehen auf. Eine Lichtgestalt wird geboren, der dem Leben seine Würde zurückgibt. Oder, wie die Sufis sagen, der die Göttlichkeit in der Schöpfung und im Menschen insbesondere aufdeckt.

 

Und an diesem Punkt kommen wir jetzt an einem Aspekt der heutigen Zeit der es womöglich noch nie so gegeben hat. Hazrat Inayat Khan:

„Es gab Zeiten, wo die Welt nicht fähig war, zu sehen. Die Menschheit hatte nicht genug Realisierung um die Botschaft zu erkennen; deswegen musste der Anspruch, Prophet zu sein, gemacht werden. Aber jetzt kann die Welt früher oder später erkennen, was richtig und was verkehrt ist. Der Warner, der Meister, der Botschafter von heute wird keinen Anspruch erheben; er wird nur arbeiten. Er wird es seiner Arbeit überlassen, für sich selber zu beweisen, ob es wahr oder falsch ist.“

 

Mündigkeit können wir das nennen. Oder Unterscheidungsvermögen. Oder Erwachsen-Sein. Der erwachsene Mensch ist in der Lage, selber zu entscheiden, was richtig und was falsch ist.

 

Nicht Thema des Symposiums ist, sich darüber aus zu tauschen, wo menschliche Dummheit Kriege und Naturkatastrophen verursacht. Wir wissen dass die Heiligkeit der Schöpfung von der einen Seite durch hemmungslosen Materialismus und von der andern Seite durch selbstherrlicher Intoleranz verletzt und geschändet wird. Das Böse in uns so zu sagen, das von zwei Seiten zuschlägt.

 

Liebe, Harmonie und Schönheit sollten wir dem entgegensetzen. Das klingt einfach und sollte es auch sein. Die Lösung für unsere Zwickmühlen ist niemals kompliziert. 'Einfachheit ist die lebendige Schönheit', sagen die Sufis. Wir sind heutzutage alle verwirrt. Wir haben unser Leben unendlich komplex gemacht. Was auch immer wir suchen, wir wollen es in der Komplexität finden. Wir meinen sogar, dass etwas nur wahr sein kann, wenn es komplex ist.

 

Der einzige Art, aus dieser Zwickmühle aus zu steigen, liegt darin, unsere Natürlichkeit zurück zu gewinnen. Unsere eigener Geist muss die Gelegenheit bekommen, zu uns zu sprechen. Wir müssen uns zu Ruhe bringen, unseren Geist auf das universelle Bewusstsein einstimmen.

 

Deswegen ist Sufismus eher eine Methode als eine Philosophie. Ursprung und Zukunft im Licht der Gegenwart, so heißt es in der Überschrift des Symposiums. Sufismus ist ein Trainingsweg der zur Licht der Gegenwart führt. Aber auch Ursprung und Zukunft erleuchtet.

 

 

Erleuchtung gibt es in drei Richtungen:

  1.          Manche Sufis beschreiben den Weg zur Erleuchtung als ein Weg zurück zur Ursprung. Wir gehen den Weg unseres Lebens zurück, unsere Jugend, Schwangerschaft, Empfängnis. Wir rollen das Leben so zu sagen zurück, in entgegengesetzter Richtung entlang dem Schöpfungsweg. Von Tieren werden wir zu Pflanzen und dann zu Steinen, wo wir dann wirklich ganz einfach geworden sind.

     

    2.     Andere Sufis beschreiben das Paradies in die Zukunft oder im Jenseits. Wenn es Jenseits genannt wird, meint man damit, dass es nicht unbedingt auf dieser Seite unserer Existenz erreicht werden kann. Sondern eben danach, wo auch immer das  sein mag. Dies ist von untergeordneter Bedeutung. Fest steht, dass man das Paradies nur erreichen kann, wenn man durch das Auge der Nadel kriecht. Ballast kann man nicht mitbringen.

     

    3.      Und wieder andere sagen, dass wir der Erleuchtung näher sind als uns selber. Gegenwart nennen die Sufis dies. „Ya Hu“ ist das heilige Wort dafür. Es erleuchtet uns in unserem tiefsten Wesen. Das Licht der Gegenwart. Ganz einfach.

Hazrat Inayat Khan fasst diese drei Wege so zusammen: „Ich bin der Vergangenheit gegenüber ergeben, der Gegenwart gegenüber aufmerksam und der Zukunft gegenüber voller Hoffnung“. Und an anderer Stelle: “Die Vergangenheit war mein Traum, der Gegenwart ist mein Spiel und die Zukunft wird mein Plan sein.”

 

Es gibt verschiedene Typen:

 

• Die die ihr Glück in der Vergangenheit suchen, finden dies nur durch Hingabe. Sie 

  träumen und sollten nicht aufgeweckt werden oder sich stören lassen. Denn sie sind dabei,

  sich ihrer Ursprung zu nähern.

• Diejenige, die ihr Glück in der Gegenwart suchen, finden dies durch Wachsamkeit. Sie

  spielen mit höchster Konzentration. So nähern sie sich der Erleuchtung. Träumen ist nicht

  angesagt, genau so wenig sind Zukunftspläne hilfreich.

• Und die, die ihr Glück in der Zukunft suchen, sollten sich nicht vom Gegenwart oder

  Vergangenheit ablenken lassen. Voller Hoffnung, ihr Ziel zu erreichen, vergessen sie das

  Heute und planen ihr Paradies. Resignation oder Fatalismus, welche der Vergangenheit

  gegenüber angebracht war, ist hier kontraproduktiv. Das Hier und Jetzt lenkt nur ab.

 

Der Meister hat alle drei in sich realisiert.

 

“Was ist das Positive an unserer Zeit” ist also eine Frage die bei verschiedenen Typen von spirituellen Suchern andere Antworten hervorruft.

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